Ob ein Liter Milch, ein Dutzend Eier oder ein Pfund Mehl: Viele Lebensmittel müssen für den Verkauf verpackt werden. Umso höher sind die Anforderungen an eine Lebensmittelverpackung: Sie muss das Produkt beim Transport und vor äußeren Einflüssen schützen, ansprechend aussehen und sich haptisch gut anfühlen. Dazu sollten alle Informationen verständlich und transparent aufbereitet werden. Möglichst umweltfreundlich soll sie auch sein, doch was macht eine Verpackung nachhaltig?
Im Kreislauf halten
Gängige Verpackungen sind aus Papier, Glas oder Plastik. Doch egal welches Material zum Einsatz kommt, eine Verpackung bleibt ein Wegwerfprodukt. Daher ist die ideale Verpackung natürlich gar keine, wie es immer mehr unverpackt-Läden praktizieren. Aber das geht eben nicht mit allen Lebensmitteln. Doch das nachhaltige Verpackungsmaterial gibt es leider (noch) nicht. Dabei kommt es stets auf das Zusammenspiel von Herstellung, Nutzung und Wiederverwendung an. „Für eine möglichst umweltfreundliche Herstellung ist Regionalität ein wichtiger Faktor“, sagt Finn Naujoks, Marketing-Verantwortlicher bei der Bohlsener Mühle. Das mittelständische Bio-Lebensmittelunternehmen in der Lüneburger Heide setzt daher auf regionale Wertschöpfung, bis hin zur Verpackung. Der Grund ist simpel: Müssen Verpackungsbestandteile teils mehrere tausend Kilometer transportiert werden, wirkt sich das negativ auf den ökologischen Fußabdruck aus. Manchmal spielt dabei das Gewicht eine Rolle: Viele Getränkehersteller setzen auf Plastik, da Glas im Vergleich beim Transport schwerer und fragiler ist. Die Produktion von Glas verbraucht viel Energie, doch Glas ist zu 100 Prozent recyclebar. Bleibt die Flasche in einem konstanten regionalen Kreislauf, ist sie durch die langfristige Nutzung viel nachhaltiger als eine PET-Flasche.
Mono ist besser als im Verbund
Neben der Wahl des Materials ist „vor allem der Umgang damit wichtig“, so Philip Luthardt, der das Nachhaltigkeitsmanagement der Bohlsener Mühle verantwortet. Eine gute Verpackung besteht aus nur einem Material, da diese sogenannten Monomaterialien für den Wertstoffkreislauf einfacher sortiert und wiederverwendet werden können. So ist etwa recyceltes Altpapier nachhaltiger als Plastikfolie, weil Material wiederverwendet wird. Doch Altpapier ist nicht frei von Gefahren, denn mitunter stecken in der Druckfarbe Mineralölrückstände, die auf Lebensmittel übergehen können. Um Produkte besser zu schützen, kommen daher Frischfasern zum Einsatz. Teilweise werden Verpackungen aber auch mit Schutzbarrieren, etwa aus Aluminium, beschichtet. Davon bekommen Verbraucher*innen oftmals nichts mit. Diese sogenannten Verbundmaterialen sind nicht mehr trennbar und letztendlich für den Kreislauf verloren. Sie landen im Restmüll und werden verbrannt.
Worauf Verbraucher*innen achten können
Wie können Verbraucher*innen beim Einkauf nachhaltiger agieren? Sie haben die wichtige Aufgabe, Verpackungen nach der Nutzung wieder in den richtigen Wertstoffkreislauf zurückführen – etwa indem sie möglichst viele Pfandsysteme nutzen, denn „dahinter stecken bereits überwiegend gut funktionierende Recyclingsysteme“, rät Luthardt. Bei regional hergestellten Produkten ist die Verwendung von Glas sinnvoll. „Beteiligt sich jeder Hersteller an einem einheitlichen Pfandsystem, entsteht ein nachhaltiger Kreislauf“. Bei Produkten sollte ein großer Bogen um Doppelverpackungen gemacht werden, etwa bereits verpackte Süßigkeiten, die von einer weiteren Folie geschützt werden. Das gilt auch für Verbundmaterial, denn die schwer trennbaren wertvollen Rohstoffe landen am Ende nur in der Verbrennung. Besser fürs Recycling sind Einstofffolien, Papier oder Glas. Doch die exakten Bestandteile einer Verpackung sind oftmals schwer zu erkennen. Letztendlich braucht es hier mehr Transparenz und Aufklärungsarbeit, um Verbraucher*innen bei der richtigen Mülltrennung und der effektiven Nutzung von Recyclingsystemen zu unterstützen. Darum sind Gesetzgeber gefragt, mit den richtigen und allgemein gültigen Voraussetzungen die Weichen zu stellen. Aber auch Verpackungshersteller müssen Rohstoffe bewusster einsetzen, auf Faktoren wie Kreislauffähigkeit achten und im Idealfall zur finanziellen Verantwortung bei Umweltnachteilen gezogen werden.
Nachhaltigkeit erfordert Ganzheitliches Denken
Die Grundlage für eine nachhaltigere Zukunft schaffen Verpackungsdesigner. Wer nachhaltig agieren will, handelt nach dem Credo „Verpackung vermeiden, Materialeinsatz reduzieren, Grundlagen zur Wiederverwendung schaffen“. Ähnlich will auch die Bohlsener Mühle arbeiten: „Wir experimentieren mit weniger und einfachem Material, ohne die Produktsicherheit zu gefährden. Hat eine Verpackung ein Etikett, sollte das aus dem gleichen Material sein, um es später besser recyclen zu können“, sagt Luthardt. Vorbild ist der Denkansatz Cradle to Cradle (C2C), übersetzt so viel wie „von Wiege zu Wiege“. C2C wurde 2002 vom Ökovisionär Michael Braungart und US-Architekt William McDonough etabliert. Ob Kleidung, Elektrogeräte, Baumaterial oder Verpackungen – alles wird von Beginn an in Rohstoffkreisläufen gedacht. Zentrale Frage: Was passiert nach der Nutzung? Entscheidend ist die Wiederverwendung, um das Material 1:1 wieder in einen Kreislauf zu bringen. Im Idealfall entsteht kein Müll. So orientiert sich der Bohlsener Mühlenladen in der Lüneburger Innenstadt bei Ladendesign, Ausbau und Ausstattung am ganzheitlichen C2C-Konzept. „Alle Baumaterialien lassen sich in den technischen oder biologischen Kreislauf zurückführen. Eine Mooswand reguliert Raumfeuchtigkeit und Akustik auf natürliche Weise“, erklärt Naujoks. Das aufwendige Konzept kann auch für Einzelhändler und große Supermärkte skaliert werden, auch wenn „das noch ein paar Jahre dauern könnte“. Bis dahin kann der Mühlenladen zeigen, dass Nachhaltigkeit im Einzelhandel ganzheitlich gedacht werden und weit über Bio-Lebensmittel und Ökostrom hinaus gehen kann.
Quellen
https://www.climatepartner.com/de/klimaneutrale-verpackungen
„Aus Dreck Gold machen – von linearer zu zirkulärer Abfallwirtschaft“ von Heike Janßen. Sie beschreibt die Müllsituation in Deutschland und auf der ganzen Welt sowie den Weg von einer linearen hin zu einer zirkulären Abfallwirtschaft.